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Wegebau für militärische Zwecke
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Wegebau für militärische Zwecke
Es gibt eine noch unveröffentlichte Arbeit des Verfassers über das Wegenetz im
Grenzwald zwischen Kaldenkirchen und Brüggen. Sofern vertiefendes Interesse besteht,
bitte den Verfasser direkt ansprechen!

1940
Spricht man auf deutscher Seite mit Zeitzeugen über die Phase vor dem sog. Westfeldzug,
dann fällt das Stichwort Westwallbau. Gemeint sind dann in der Regel Bunkersysteme und
gegen Westen gerichtete Hindernisse. Daß mit Wegebau überhaupt erst Voraussetzungen
geschaffen werden mußten, u. a. die Niederlande anzugreifen, erfährt man höchstens aus
Zwischentönen.

Brachter Grenzwald und von Genholt her
Im Kreis Kempen-Krefeld, damit auch zwischen Kaldenkirchen und Brüggen, bereitete sich
die 30. Infanterie-Division auf den Einsatz gegen die Niederlande vor. Nach der glaubhaften
Darstellung bei FRIESER gehörte die 30. Infanterie-Division (sog. Briesen-Division) nicht zu
den (16) Elitedivisionen der deutschen Wehrmacht, auch nicht zu den vollmotorisierten
schnellen Divisionen. Was in der Realität bedeutete, daß sich deren militärische Bewegungen
(wozu auch bis auf Bahntransport jede Form von Logistik gehörte) im wesentlichen im
Tempo des Fußmarsches bzw. der vorgespannten Pferde vollzogen. Dafür war noch kein
qualitativ anspruchsvolles Wegenetz notwendig.
Weil die 30. Infanterie-Division weder die L 29 (Steyler Straße) in Kaldenkirchen, noch die
L 373 (Brüggen – Swalmen) benutzen durfte1, mußte sie aus dem Grenzwald heraus angreifen
und benötigte dafür eine zumindest provisorische und auch bei nassem Wetter nutzbare NordSüd-Achse mit Anbindung an das übrige Verkehrsnetz.

Abbildung 1 Abgrenzung des Angriffsbereichs der 30. Infanterie-Division (karte05.pcx)

Am 18.03.1921 hatte der Brachter Bürgermeister die Qualität der Wege im Grenzwald so
charakterisiert: „… durch diese Waldungen führen zwei Hauptwege, die mit Fuhrwerken
befahren werden können und mehrere Nebenwege, insbesondere auch einige sogenannte
Schmuggelwege.“2 An diesem Zustand hatte sich bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges
nichts Entscheidendes verändert. Das war kein ausreichender Bewegungs- und

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Sie waren der nördlichen 56. Infanterie-Division und der südlichen 19. Infanterie-Division vorbehalten. Vgl. hierzu Kartenteil von
NIERSTRASZ).
Quelle: Nr. 1060, Blatt 42, Bestand Bracht im Kreisarchiv in Kempen.

Bereitstellungsraum für letztendlich 16.000 bis 18.000 Mann zuzüglich 6.000 Pferde3,
unzählige Fahrzeuge aller Art, Waffen und Munition. Ein Mindestmaß an Verkehrsnetz mußte
her, das bei jedem Wetter passierbar war.

Abbildung 2 Wegebaumaßnahmen (depot30.pcx)

Einer der selbst für die Ansprüche einer noch wenig motorisierten Truppe unzureichenden
Wege muß der von Genholt zur Reichsgrenze4 führende Reuversche Weg gewesen sein. Das
war zwar eine der Trassen der alten Handelsstraße zwischen Antwerpen und Köln (via
Fährpunkt Reuver/Kessel), was über den Unterbau und den Wegezustand noch nichts aussagt.
Im Grunde handelte es sich um eine Fahrspur, auf der man mit Zugpferden den Anstieg aus
dem Maastal auf die Hochterrasse langsam bewältigen konnte. Dieser Weg sollte vom
Frühjahr 1940 bis Ende Februar 1945 strategische Bedeutung für die deutsche Wehrmacht
bekommen und behalten5.
Während der Reuversche Weg auf die Landesgrenze zuläuft, ist der Roermonder Weg eher
eine Parallele dazu. Für die Zwecke der 30. Infanterie-Division war der Roermonder Weg
damit der Hauptverteiler für die Bereitstellung, um den langgestreckten Grenzwald im Raum
Bracht und Brüggen nutzen zu können6.

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Insgesamt waren von den Dienststellen und Einheiten der Veterinärtruppen während des Zweiten Weltkrieges 2,75 Millionen Pferde
zu betreuen. (Quelle: Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, www.bundesarchiv.de, Stichworte Veterinärtruppen, Pferdelazarette).
Die Grenze wurde durch das Grenzsicherungsregiment 26 gesichert. (vgl. BREITHAUPT, S. 37)
Auch für das britische Munitionsdepot war dieser inzwischen breit und für Schwertransporte ausgebaute Weg eine
Hauptverkehrsachse. Bei den Briten trug das Stück zwischen der Hauptwache und der Kreuzung mit dem Roermonder Weg die
Bezeichnung „X-Road“, die Fortsetzung bis in die Gegend des Weißen Steins „Z-Road“. (Quelle: Gunther Raschdorf am 27.08.2000
gegenüber dem Verfasser Friedr.-Wilh. Stroucken)
Auch für die späteren Nutzer des Geländes, die britische Army, behielt der Roermonder Weg seine Bedeutung. Als
Hauptverkehrsader durch das zuletzt 12 km² große Munitionsdepot trug er die Bezeichnung „Y-Road“. (Quelle: Gunther Raschdorf
am 27.08.2000 gegenüber dem Verfasser)

Abbildung 3 Beim Wegebau im
Brachter Grenzwald eingesetzte
Dampfwalzen, die an der Stiegstraße
abgestellt
waren
(Bildquelle:
Privatarchiv Walter Feyen, Bracht)
[Bracht13.pcx]

Die
nach
Holland
führenden
Waldwege
erhielten
eine
Schotterauflage.
Unter
anderen wurden
• der Weg zwischen
Heide (nördlich Hof
Gendrisch) und etwa
der Tonwaage7,
• der Roermonder Weg

bis zur Kreuzung Brüggener Weg8
befestigt.9 „Die Wegebauarbeiten haben so richtig erst im Frühjahr 1940 begonnen, und zwar
relativ spät, denn der Winter 1939/40 war hart und lang. Der Schotter wurde am Haltepunkt
Heidhausen oder direkt am Roermonder Weg von der Kleinbahn auf graue Militär-Lkw
umgeladen. Auf dem Roermonder Weg habe ich gleichzeitig fünf Dampfwalzen gesehen, die
die Schotterschichten festwalzten.“10

Es gibt einen (noch vagen) Hinweis, daß die Schotterauflage in Breite einer Fahrspur schon
im Frühjahr 1940 mit einer dünnen Makadamschicht11 versehen wurde. „1951 habe ich im
Munitionsdepot zu arbeiten begonnen und bin bis 1956 dort geblieben. Als ich dort anfing,
war der Roermonder Weg etwa ab der Stiegstraße schon asphaltiert, und zwar durchgehend
bis zum Bahnhof III. Dort hörte die relativ neue Asphaltierung auf. Zur niederländischen
Grenze hin hatte die Weiterführung des Roermonder Weges eine einspurige Decke aus schon
verwittertem Makadam, und zwar bis zum Zaun, beziehungsweise bis zu dem dort vorhanden
gewesenen Tor. Weitere Makadamstücke, mehr oder weniger lang, teilweise auch nicht
zusammenhängend, gab es auf anderen Wegen im Munitionsdepot. Teilweise waren das
Wege, die nicht zum internen Hauptverkehrsnetz des Depots gehörten, nur noch die
Bedeutung von Verbindungswegen oder besseren Trampelpfaden hatten, und die darum
niemals unter britischer Regie nach Juli 1948 asphaltiert worden sind. Ab und an trifft man
heute noch auf solche Makadamstücke, wenn man einmal mit dem Rad »verbotene Wege«
befährt.“12

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HAUSER, S. 32, nennt das „einen Jagenweg von der Heide bis zum Tegelner Weg“.
Freundliche telefonische Mitteilung von Herrn Hans Wolters, Kaldenkirchener Str. 31, am 30.12.1999 an den Verfasser
F.W. Stroucken. Herr Wolters war mit einem Sohn der Eheleute Gendrisch befreundet und daher Augenzeuge der Bauarbeiten.
Quelle: HAUSER, S. 32.
Damit gab es einen Anschluß an den Reuverschen Weg.
So WOLTERS, S. 145.
Freundliche telefonische Mitteilung von Herrn Hans Wolters, Kaldenkirchener Str. 31, am 30.12.1999 an den Verfasser
F.W. Stroucken. „Auf dem heutigen Amersloher Weg haben bei der Firma Naus Dampfwalzen gestanden.“ (Augenzeugen Walter
Feyen, Johannesweg 6, und Franz Beeren, Heidhausen 90, bei der Vortragsveranstaltung „Vorbereitungen und die ersten beiden
Angriffstage beim sog. Westfeldzug 1940“ der Brachter Heimatfreunde am 25.01.2000 im Restaurant Uhle, Kaldenkirchener Straße)
Makadam (nach dem schottischen Straßenbauingenieur John London McAdam) nennt man einen Straßenbelag aus Schotter, Split und
bituminösen Bindemitteln wie Asphalt oder Teer. Makadam gab es schon im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. (s. Meyers
Taschenlexikon in 10 Bänden, Mannheim, 1996, und Augsburg, 1999, Bde 1, 2, 6 und 9)
So August (Audy) Strehlke (* 1931), Brachter Straße 39, Brüggen, zunächst bei einer Führung des Verfassers am 28.03.2002 für die
Koronarsportgruppe bei den TSF Bracht. Am 29.03.2002 führten Audy Strehlke und der Verfasser darüber ein vertiefendes Gespräch.

Viel Schotter
Es wurden Wegebau und –befestigung durch den Einbau von Schotter betrieben. Die
Größenordnung der Arbeiten kann man anhand dieses Zufallsfundes für Bracht einschätzen:
Im Brüggener Rathaus gibt es eine Akte, die ursprünglich zum Betrieb Kaldenkirchen der
Frankfurter Industriebahn AG gehörte und die (auf letztlich ungeklärten Wegen) nach deren
Auflösung an die Gemeinde Brüggen kam. Diese Akte mit dem (in Bleistift handschriftlichen)
Inhalt „Verkehr 1937 - 1944“ enthält dieses Schreiben:
„Kaldenkirchen, den 4. Mai 1940
An
Frankfurt
Betr. Beförderungen für den
Westwall.
Zum Schr.v. 18.4. JA
WVK/V.
Das uns von Herrn Hauptmann Hinnerkort und Oberfeldwebel Aschert von der Dienststelle
„Feldpostnummer 19484“ am 19.4.40 vertraulich mitgeteilte Arbeitsprogramm, nach
welchem täglich 1600 t Schlacke auf die Kleinbahn übergehen sollten, ist nachträglich
geändert worden. Zunächst werden nur noch 200 - 300 t täglich nach Bracht abgestellt
werden.13
Die Angaben der mit uns verkehrenden Stellen von der Oberbaultg. wurden sehr oft geändert,
dann war der Eingang der Ladungen sehr unbestimmt, wodurch die Abwicklung des Verkehrs
erschwert wurde. Die Hauptbeförderungen sind vorüber, die Oberbauleitung war mit unserer
Bedienung zufrieden.
Kleinbahn Kaldenkirchen-Brüggen
Die Bahnverwaltung“ (Stempel)“
Die Einheit mit der Feldpostnummer 19 484 war der Festungspionierstab 2714.
Festungspionier-Stäbe gehörten zu den technischen Dienststellen. Sie hatten die Aufgabe, den
ihnen zugewiesenen Befestigungsabschnitt zum Ausbau vorzubereiten und auszubauen.15 Wie
am ganzen Niederrhein erfolgte nur ein stellungsmäßiger Ausbau des Westwalls16.
Für den Raum zwischen Kaldenkirchen und Brüggen war der Festungspionier-Stab 27 in
Geldern zuständig, und zwar konkret der Festungspionier-Abschnitt II in Grefrath
(zugewiesener Bereich: Schwalm bei Brüggen bis alter Nordkanal nördlich von
Krickenbeck).17
Im Juni 1938 hatte die Organisation Todt die Überwachung der Bauausführung der
Westwallarbeiten von den Festungspionier-Stäben übernommen18. Für den Raum zwischen
Kaldenkirchen und Brüggen war die Oberbauleitung Geldern der Organisation Todt
zuständig19. „Bevor die Briesen-Division nach Bracht kam, sind hier mit Bauarbeiten
beschäftigte Truppen in braunen Uniformen (ähnlich Reichsarbeitsdienst oder Organisation
Todt) gewesen, die Armbinden mit dem Aufdruck „Deutsche Wehrmacht“ trugen. Als die

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Zum Vergleich: Die Kleinbahn Kaldenkirchen – Brüggen besaß zur Spitzenzeit ihrer Transportleistungen 1914 selbst nur zehn
Güterwagen mit einem Gesamtladegewicht von 95 Tonnen (Quelle: Naß, S. 47). Ein Zug durfte höchstens aus einer Lok und 15
Güterwagen bestehen (Quelle: Naß, S. 78).
So das Militärgeschichtliche Forschungsamt in Potsdam im Schreiben vom 27.04.1999 an den Verfasser F.W. Stroucken (TagebuchNr. 99-0526).
GROSS, Westwall Ndrh, S. 265.
Gegenstück: Festungsmäßiger Ausbau. vgl. GROSS, Westwall Ndrh, S. 262.
GROSS, Westwall Ndrh, S. 267.
GROSS, Westwall Ndrh, S. 241.
GROSS, Westwall Ndrh, S. 243.

Briesen-Soldaten kamen, waren diese Uniformierten schon weg.“20 Wozu sie gehörten, ist
zumindest momentan nicht zu klären gewesen.
Die jeweiligen Oberbauleitungen der Organisation Todt sorgten für die Beschaffung der
benötigten Baustoffe (Kies, Zement, Moniereisen usw.); Panzerteile und
Einrichtungsgegenstände kaufte die Wehrmacht ein21. Vermutlich darum die etwas rätselhafte
Mittlerfunktion des Offiziers vom Festungspionierstab 27.

Wer hantierte mit dem Material?
Abbildung
4
Kleinbahnbahnhof
Heidhausen
(Bildquelle:
NAß)
[kleinb03.pcx]

Die umfangreichen
Transporte sind in Bracht
nach wie vor gut
erinnerlich: „Die Schlacke
bestand, vermutlich nicht
nach Korngrößen sortiert,
auch aus ziemlich großen
Stücken und stammte ganz
offensichtlich aus
Hochöfen.“22 „Ein Teil der
Schlacke wurde in
Heidhausen (bei Schmitz)
umgeladen, wo es ein
Abzweiggleis gab. Der größere Teil der Schlacke ist an der Stiegstraße (jetziges
Industriegebiet) ausgeladen worden23. Dafür hatte man dort damals zusätzlich die
Ausweichschienen verlegt, die später noch vorhanden waren. Diese Schienen hatten keinen
Bezug zu den Tonwerken an der Stiegstraße.“24 Anfang 1940 waren die Informanten selber
gerade schulpflichtig geworden.

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Augenzeugen aus Bracht Hans Wolters, Kaldenkirchener Str. 31, und Karl Klingen, Brüggener Straße 90, bei der
Vortragsveranstaltung „Vorbereitungen und die ersten beiden Angriffstage beim sog. Westfeldzug 1940“ der Brachter Heimatfreunde
am 25.01.2000 im Restaurant Uhle, Kaldenkirchener Straße.
GROSS, Westwall Ndrh, S. 242.
Augenzeuge Leo Gendrisch, Heide 9, bei der Vortragsveranstaltung „Vorbereitungen und die ersten beiden Angriffstage beim sog.
Westfeldzug 1940“ der Brachter Heimatfreunde am 25.01.2000 im Restaurant Uhle, Kaldenkirchener Straße.
Am 14.10.2002 bestätigte Franz-Heinrich Lankes, Borner Straße 46, Brüggen, das dem Verfasser telefonisch so: „Mein Vater betrieb
vor meinem Elternhaus an der Borner Straße die Fuhrwerkswaage, die heute noch vorhanden ist. Ich weiß aus eigenem Erleben, daß
Hochofenschlacke verarbeitet wurde, in der sich Eisenstücke befanden. Angehörige der Organisation Todt sammelten das Eisen
nämlich aus dem Baumaterial heraus. Es wurde dann bei uns auf der Fuhrwerkswaage gewogen und anschließendem an den Schaager
Alteisenhändler Dondit verkauft.“
Im Angriffsbefehl der 30. Infanterie-Division kommt bei der Beschreibung des Bereitstellungsraumes der Infanterie-Regimenter 6
und 46 ein „Hp. Stieg“ vor. (vgl. Angriffsbefehl, fol. 230) Das ist mit „Haltepunkt Stieg“ zu übersetzen.
Augenzeuge Franz Beeren, Heidhausen 90, bei der Vortragsveranstaltung „Vorbereitungen und die ersten beiden Angriffstage beim
sog. Westfeldzug 1940“ der Brachter Heimatfreunde am 25.01.2000 im Restaurant Uhle, Kaldenkirchener Straße.

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